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»transparenz schafft akzeptanz«

Die Leckerli Generation …

… oder, wer konditioniert hier eigentlich wen?

Sie kennen das sicher aus der Haustier-TV-Industrie, aus eigener Erfahrung mit HundetrainerInnen oder Gassibekanntschaften. Der Hund, des Menschen treuester Freund und Intelligenzbestie per se, wird auf Belohnung konditioniert. Nicht auf Gehorchen, nein auf Belohnung. Klingt komisch? Ist es auch.

Nun sind wir seit einem guten Jahr Hundebesitzer. Nicht ohne Erfahrung. Ich selbst komme quasi aus einer Hundefamilie. Zwar wurde ich als Kleinkind nicht von unserer Fox Terrierin Susi gesäugt, aber ich habe gern mit ihr Körbchen und Hundekekse geteilt.  Es folgten weitere Hunde und Erfahrungen. Nie benötigten wir etwa eine Hundeschule. Aber, man geht halt mit der Zeit und so besuchte wir dann doch eine sehr empfohlene Hundetrainerin. Uns ging es dabei nicht so sehr um das Abrichten unseres Mischlings, als vielmehr um den Spaß, den kleine Hunde miteinander haben können und sollen. Von wegen Sozialisierung. Weißt Du?

sam | foto | ollischuh

sam | foto | ollischuh

Fazit – ich bin sicher, Sie ahnen es – nach sieben Hundeschulstunden, haben wir uns die letzten drei Stunden unserer Zehnerkarte geschenkt. Die Art und Weise, wie die Intelligenz der Hunde ad absurdum geführt wird, indem man die Tiere mit Leckerlis gefügig macht und bei jeder nur erdenklichen (guten) Aktion belohnt, ging uns schlicht gegen den Strich. Dabei ist die Belohnung an sich nicht verwerflich, wenn sie im Rahmen bleibt. Das eigentlich kuriose an dieser Methode ist das Ausbleiben von Sanktionen, wenn der Hund nicht gehorcht.

Beispiel gefällig?
Oft beobachtet, genauso oft erklärt, nie verstanden: Hund büxt aus, jagt durchs Unterholz und ist minutenlang weg. Alle Rufe, Pfiffe oder Gebärden nützen nix. Erstmal ist er futsch. Natürlich kommt er dann irgendwann wieder. Und was passiert dann? Genau. Er bekommt ein Leckerli. Warum? Na klar, er ist ja schlußendlich, sozusagen auf den letzten Ruf gekommen. Das sich der blöde Hund davor falsch benommen hat, kann er einfach nicht mehr verknüpfen, heißt es, und damit fällt dann jede Sanktion weg und er wird für die letzte gute Tat belohnt.

Da drängt sich doch die Frage auf: Wer konditioniert hier eigentlich wen?

Wenn schon kein Hundeverstand, aber mit einem Rest gesundem Menschenverstand* klappt es auch mit dem Hund. Man muß nur einfach mal nicht jeden Bissen schlucken, der einem vorgeworfen wird. Diese meine Sichtweise ist übrigens erwünscht übertragbar auf viele andere Situationen und Konstellationen unserer vermeintlich selbstbestimmten Gesellschaft. Und wer weiß, vielleicht übertrage ich diese krumme Haltung der Leckerli Generation ja noch auf andere Felder, wie Erziehung, Politik, Verbandswesen oder Marketing. ;-)

Frostigen Gruß vom Elbstrand!

 

*) Es erhebt sich die Frage, ob es überhaupt gesunden Menschenverstand gibt und woran sich dieser messen ließe? Und was wäre denn dann ungesunder Menschenverstand? An diesen kleinen Denkanstoß erinnere ich mich in einer Twitterdiskussion mit Sven Maschmann.

2 Kommentare zu „Die Leckerli Generation …“:

  1. Andrea

    Danke, danke, danke! Wunderbarer Text, der das ausspricht, was ich mir auch ganz oft denke.

    Und an die Diskussion zum “gesunden” Menschenverstand erinnere ich mich auch gerne zurück. War ein spannender Denkanstoß.

  2. ollischuh

    Vielen Dank für die Blumen, liebe Andrea.
    Das Traurige: Es läßt sich tatsächlich auf viele andere Lebens- und Arbeitssituationen übertragen.

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